Skip to main content

Schlagwort: Interview

Interview zum neuen Bereich AD-Beschwerdestrukturen

Wir haben in unserer Fachstelle DOKE einen neuen Bereich eingerichtet, der sich ausschließlich mit dem Thema Antidiskriminierungs-Beschwerdestrukturen befasst. Hierbei beraten wir Behörden, landeseigene Betriebe, Gerichte, Schulen und weitere nichtrechtsfähige Anstalten des Landes Berlin zum diskriminierungssensiblen Aufbau einer internen Beschwerdeinfrastruktur – unter anderem mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben von AGG, LADG und den einschlägigen Rahmendienstvereinbarungen. Doch was bedeutet das konkret? Imke Behrends, die als Volljuristin seit Anfang dieses Jahres im DOKE-Team diesen Bereich aufbaut und leitet, hat dazu ein paar Fragen beantwortet.

Was umfasst der neue Beratungsschwerpunkt AD-Beschwerdestrukturen?

Es handelt sich einerseits um den Aufbau von gesetzlich vorgeschriebenen Antidiskriminierungs-Beschwerdestrukturen im Allgemeinen – also solche, die nach dem AGG und LADG vorgegeben sind. Andererseits geht es aber auch darum, wie solche Beschwerdestrukturen innerhalb einer Organisation mit schon anderen vorhandenen Stellen interagieren oder diese ergänzen. Außerdem liegt ein Fokus darauf, auch außerhalb des rechtlichen Rahmens einen diskriminierungskritischen Blick auf die eigenen Beschwerdestrukturen zu werfen.

Warum ergänzt AD-Beschwerdestrukturen das bisherige Angebot der Fachstelle DOKE?

Rechtlich besteht die Verpflichtung zur Implementierung von AGG-Beschwerdestellen bereits seit 2006 und LADG-Beschwerdestellen sind seit der Berliner Rahmendienstvereinbarung von 2020 verpflichtend. Viele Institutionen haben dies entweder nicht oder zumindest nicht sehr ausdifferenziert umgesetzt, was gerade beim AGG auch an lange unzureichenden gesetzlichen Vorgaben gelegen hat, zumal keine unmittelbaren Sanktionen bei Nichteinrichtung vorgesehen sind. Die Fachstelle DOKE berät bereits seit 2021 Behörden zur Umsetzung von Vorhaben auf Grundlage des Landesantidiskriminierungsgesetzes und des Diversity Landesprogramms mit dem Ziel Diskriminierungsgefährdungen in Verwaltungsprozessen und -strukturen abzubauen. Es lag nahe, diese Arbeit mit einem weiteren Beratungsschwerpunkt zu Beschwerdestrukturen in Verwaltungen zu ergänzen.

Was gibt es in diesem Rahmen für Formate?

Bei den Formaten stellen wir uns ganz auf die Bedarfe der Organisationen ein: So können wir Workshops oder diskriminierungskritische Lektorate, also Sensitivity Readings, durchführen, Best Practice vorstellen sowie fachliche Inputs, kurze Austausche oder spezifische Situationsanalysen anbieten.

Wie können sich Bedarfslagen der unterschiedlichen Institutionen unterscheiden?

Es kann bei den einzelnen Institutionen Unterschiede geben, je nachdem ob beziehungsweise auf welche Weise bereits Beschwerdestrukturen vorhanden sind und gelebt werden. In diesem Sinne kann es sowohl um die Unterstützung beim Aufbau und der Bekanntmachung der Beschwerdestelle gehen als auch darum, bei bereits bestehenden Strukturen den Zugang für Personen niedrigschwelliger zu gestalten sowie die Anerkennung und Sichtbarkeit dieser Beschwerdestellen in der jeweiligen Institution zu erhöhen. Wir widmen uns zudem Fragen, die sich nicht primär um die gesetzlich vorgeschriebene Beschwerdestelle drehen, zum Beispiel wie etwa gleichzeitig eine gute Beratungsstruktur angeboten werden kann: Es sind also viele Beratungsthemen möglich, so etwa dazu, wie Mitarbeiter*innen von Beschwerdestellen damit umgehen können, wenn sie bei der Sachverhaltsaufklärung auf Widerstände innerhalb ihrer Organisation treffen.

Was ändert sich für Betroffene von Diskriminierung durch die Einrichtung von Beschwerdestellen?

Über das damit zusammenhängende formalisierte Verfahren werden die Arbeitgebenden in die Pflicht genommen, auf eine Diskriminierungserfahrung zu reagieren. Zudem trägt es dazu bei, dass sich im Rahmen der Organisationsentwicklung die komplette Institution mit dem Thema Diskriminierung auseinandersetzen muss und vor allem auch die Arbeitgeber*innen Verantwortung dafür übernehmen müssen, Diskriminierungen in ihrer Organisation etwas entgegenzusetzen und geeignete Maßnahmen einzuleiten. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, hier die Grenzen der Arbeit von Beschwerdestellen transparent zu machen, da es sich eben um eine organisationsinterne Stelle handelt. Gerade hier ist eine offene Kommunikation gegenüber den Mitarbeitenden wichtig, zu der wir auch gerne beraten.

Du bist Anfang des Jahres als Volljuristin zu der Fachstelle DOKE gestoßen, um diesen neuen Beratungsschwerpunkt aufzubauen und zu leiten. Worauf freust Du Dich in den kommenden Monaten am meisten?

Da gibt es gleich mehrere Aspekte: Einmal freue ich mich darauf, die Herausforderungen in diesem Feld aus der Praxis gespiegelt zu bekommen sowie die unterschiedlichen Problemlagen und Fragen nicht nur aus einer rechtlichen, sondern gemeinsam im Team aus einer interdisziplinären und diversen Perspektive zu beantworten. Und darüber hinaus freue ich mich auch darauf, zusammen mit den anfragenden Institutionen zielorientiert anhand der Bedarfe der beschwerenden Personen Handlungsspielräume auszuloten und gute Praxen zu entwickeln.

Haben Sie Fragen zu unserem neuen Beratungsschwerpunkt? Dann kontaktieren Sie uns gerne unter fachstelle.doke@bqn-berlin.de.

Interview mit der Senatsverwaltung für Kultur und Europa

Im Interview erläutern die Prozessverantwortlichen der SenKultEuropa Hannah Spahn (Referentin im Personalbereich) und Claudia Reimann (Leiterin des Servicebereich Personal und Innere Dienste), was sie sich vorgenommen haben und warum sie ihr Diversity-Vorhaben von der Fachstelle DOKE begleiten lassen.

Die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa lässt ihren Diversity-Prozess von der Fachstelle DOKE beraten und begleiten. Das Ziel ist die Identifizierung von Diskriminierungsrisiken und Diversity-Potenzialen in Stellenausschreibungen und Auswahlgesprächen aus der Perspektive von Bewerbenden.

Fachstelle DOKE: Mit welcher Motivation und mit welchen Erwartungen starten Sie in diesen Prozess?

Hannah Spahn: Wir möchten, dass unsere Verwaltung diverser und diversity-kompetenter wird. Dazu gehört es, Diskriminierung entschieden entgegenzutreten, Strukturen und Prozesse diversitygerecht zu gestalten und eine Kultur der Wertschätzung von Vielfalt zu fördern. Das ist im Land Berlin nicht nur rechtlich geboten, wir können als Verwaltung auch von mehr Vielfalt profitieren. Vielfalt macht uns als Arbeitgeberin attraktiver und kann die Qualität unserer Verwaltungsleistung erhöhen. In der Vergangenheit haben wir mit Blick auf Diversity zwar schon einige Veränderungen auf den Weg gebracht. Die Prozessbegleitung gibt uns jetzt aber die Möglichkeit, ein längerfristiges, größeres Diversity-Vorhaben anzugehen und Prozesse bei uns im Haus systematisch zu analysieren.

Claudia Reimann: Nach jahrelangen Einsparmaßnahmen im Land Berlin haben wir in den letzten vier bis fünf Jahren einen riesigen Sprung gemacht, was die Breite unserer Beschäftigtenstruktur angeht und konnten uns über einen großen Diversitätsschub freuen. Umso mehr stellt sich für uns jetzt die Frage, inwieweit wir als Kulturverwaltung tatsächlich offen für alle sind und ob auch unsere Prozesse das widerspiegeln.

Fachstelle DOKE: Welches Ziel haben Sie genau für diesen Prozess festgelegt?

Hannah Spahn: Im Rahmen unseres Diversity-Vorhabens wollen wir uns mit Personalgewinnungs- und Auswahlprozessen aus Sicht der Bewerbenden auseinandersetzen und uns dabei insbesondere Stellenausschreibungen und Auswahlgespräche genauer angucken. In diesen Prozessen wollen wir Diskriminierungsrisiken und Diversity-Potenziale identifizieren. Das heißt: Welche Erfahrungen machen Bewerbende von dem Moment an, wo sie eine Stellenausschreibung lesen und sich fragen, ob sie sich bewerben wollen, bis zu dem Moment, wo sie eine Absage bzw. ein Einstellungsangebot erhalten? Wo gibt es gegebenenfalls Barrieren und Hürden, die wir abbauen können? Wo liegen Diversity-Potenziale und wie können wir sie stärker nutzen?

Uns ist wichtig, Ideen und Lösungen zu erarbeiten, von denen wir als Verwaltung nachhaltig profitieren können und die sich im Idealfall auch in andere Bereiche in unserem Haus transferieren lassen. Nicht zuletzt geht es uns bei der Prozessbegleitung aber auch darum, die eigene Diversity-Kompetenz weiterzuentwickeln. Deshalb starten wir das Projekt mit einem zweitägigen Diversity-Sensibilisierungstraining.

Fachstelle DOKE: Warum ist das Thema diskriminierungskritisches Handeln und Diversität besonders für die Personalgewinnung und -auswahl in der SenKultEuropa von Belang?

Hannah Spahn: Die Berliner Verwaltung hat den Anspruch, Vielfalt in den eigenen Reihen abzubilden und bislang unterrepräsentierten Gruppen die gleichen Zugangschancen zu ermöglichen. Voraussetzung dafür sind diskriminierungskritische und diversitätsorientierte Personalgewinnungsprozesse und eine offene und wertschätzende Willkommenskultur.

Fachstelle DOKE: Warum ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, Ihr Diversity-Vorhaben extern begleiten zu lassen?

Hannah Spahn: Aus dem Arbeitsalltag der öffentlichen Verwaltung heraus ist es gar nicht so leicht, größere Veränderungen anzustoßen und Neues auszuprobieren. Da hilft uns die externe Unterstützung durch DOKE sehr. DOKE bringt Ressourcen und Expertise mit, die wir bei uns in der Form gar nicht hätten. Vor allem die methodische Begleitung und Moderation des Prozesses sowie die Fachinputs zum Thema Diversity könnten wir ohne Unterstützung nicht leisten. Außerdem ist es gut, dass wir mit DOKE jemanden haben, der von außen auf unsere Prozesse guckt. Man selbst steckt ja oft so tief drin, dass man manche Dinge gar nicht mehr sieht.

Claudia Reimann: Im normalen Verwaltungstagesablauf sind wir mit dem operativen Geschäft zu 100 Prozent ausgelastet. Für Reflexionsphasen ist kaum Raum. Deswegen ist es so wichtig, dass es von außen personelle wie auch inhaltliche Ressourcen gibt: Ohne eine solche externe Begleitung wäre es schwierig, sich kritisch mit Prozessen auseinanderzusetzen und sie zu verändern. Gerade auch mit der diversitätsorientierten und diskriminierungskritischen Fachexpertise, die in der Verwaltung noch nicht so breit aufgestellt ist, wie wir es uns wünschen würden.

Fachstelle DOKE: Was wünschen Sie sich für die gemeinsame Arbeit innerhalb der internen Prozessgruppe? Welche Faktoren sind dabei für Sie besonders wichtig?

Hannah Spahn: Für die Zusammenarbeit in der Prozessgruppe wünsche ich mir eine konstruktive Arbeitsatmosphäre und ein wertschätzendes Miteinander, in der die vielfältigen Perspektiven aus unserem Haus, seien es unterschiedliche Lebenserfahrungen, Hierarchieebenen, Fachreferate oder Expertisen, eingebracht und gehört werden und in den Prozess einfließen können.

Und noch ein Punkt ist mir wichtig: Dass wir uns in der Prozessgruppe Raum für Kreativität nehmen. Wie Frau Reimann schon meinte, sind wir in der Verwaltung oft mit unserem Tagesgeschäft so ausgelastet, dass kaum Raum bleibt, kreativ zu werden und sich auszutauschen, wie man Abläufe auch anders gestalten könnte.

Fachstelle DOKE: Aus welchen Gründen haben Sie sich für eine Zusammenarbeit mit der Fachstelle DOKE entschieden?

Hannah Spahn: Das Angebot der von BQN entwickelten Fachstelle DOKE richtet sich explizit an öffentliche Verwaltungen und ist auf Vorhaben wie unseres zugeschnitten. Daher war die Entscheidung für DOKE naheliegend.

Claudia Reimann: Die Fachstelle hat ein Verständnis für die Funktions- und Arbeitsweise einer Verwaltung: Das ist zwingend notwendig, damit so ein Prozess auch weiterkommt und man nicht von falschen Voraussetzungen und Dynamiken ausgeht. Diese Verzahnung mit und Verständnis für Verwaltungen ist für uns essentiell: Denn dann wird so ein Prozess auch zu einem Treiber für andere Institutionen des Landes Berlin.